Wir säen Leben = Die Kraft des Samenkorns

Wir säen Leben = Die Kraft des Samenkorns

Die Geburt einer Pflanze ist jedes  Mal ein Wunder und bringt uns  zum Staunen. Am Beispiel eines Kreuzblütler Samenkorns wie etwa von Radieschen, Mai- und Kohlrüben wollen  wir die Lebendigkeit des Samenkorns näher bringen.
Ein unscheinbar, schwarz-braun violettes, gerade einen Millimeter großes Samenkorn lässt einen  wunderschönen Keimling entstehen. Im Samenkorn steckt die gesamte Energie und Botschaft für  ein neues Leben, eine neue Pflanze  und eine neue Frucht.
Jedes Samenkorn besteht aus einer  schützenden Samenschale, dem  Keimling mit der Keimwurzel und  dem Keimspross. Der Keimling =  Embryo trägt die gesamte Erbinformation in sich. Der Keimling  ist umgeben vom Nährgewebe. Im  Nährgewebe des Samens werden  Nährstoffe für die Zeit der Samenruhe und für die Keimung eingelagert. 

Wird nun das Samenkorn in die  Erde gelegt, beginnt es zu quellen,  in dem es Wasser aus der Umgebung aufnimmt. Aber auch Wärme,  Licht und Sauerstoff sind wichtige  Voraussetzungen fürs Keimen. Bei  der Keimung bricht als erstes die  Keimwurzel, also die Wurzelanlage  durch die Samenschale. Sie beginnt  sofort mit der Wasserversorgung  und verankert den Keimling im Boden.
Dann streckt sich der Keimspross, der die sogenannten Keimblätter bildet. Sie beginnen bereits  mit der Ernährung des Keimlings  und starten den Photosynthese-Prozess.
Sind die ersten Laubblätter entfaltet, übernehmen diese  die Photosynthese und setzen mit dem Keimling alle Wachstumsprozesse in Gang bis zum essbaren  Gemüse. 

Bereits nach 6 Wochen könnte  man Radieschen ernten, Mairüben  nach 3 Monaten, Kohlrüben nach 4  Monaten. In der Reife- und Erntezeit beginnt die intensive Saatgutarbeit. Da werden sortentypische Früchte ausgewählt und als die zu künftigen Saatgutträger bestimmt. Diese werden bei Vollreife als ganze Pflanze geerntet und in Töpfen  oder auch am Acker oder im Folientunnel eingepflanzt.  

Nach einer gewissen Zeit beginnt  das Wunder der Saatgutvermehrung. Triebe richten sich auf und beginnen zu blühen. Die Blüten werden von zahlreichen Insekten  wie Hummeln, Bienen, Wildbienen,  Schwebfliegen, Fliegen besucht und bestäubt. Aus der Blüte entsteht eine Schote, in der die neuen Samenkörner entstehen, die ihre Erbinformation an die neuen Umweltbedingungen angepasst haben. Daher ist die Standortanpassung so wichtig, denn nur durch sie, bekommen wir klimafittere Pflanzen.  Saatgutarbeit ist ein altes, lebensnotwendiges Handwerk.  

Saatgutarbeit – Ein wichtiges altes Handwerk

SAATGUTARBEIT – EIN WICHTIGES ALTES HANDWERK

Vielfältiges saisonales Gemüse ist die Basis für gesunde Ernährung. Mit der Kultivierung und bäuerlichen Saatgutzüchtung von Gemüse entstanden vielerorts durch Selektion und Handarbeit verschiedenste regionale Sorten, die auch an die jeweiligen Standorte angepasst waren. Während der Industrialisierung verarmte die Gemüsevielfalt in ihrer Diversität, im Nährstoffgehalt und Geschmack. Wie in fast allen unseren Lebensbereichen ist auch das Saatgut auf einem globalisierten Markt zu Hause: Tomaten- aus Thailand, Zucchini- aus Indien, Salat-Saatgut aus Chile.

Sorten wie das Oststeirerkraut oder die Steirische grüne Bohne sind lange Zeit nur im Archiv von Erhaltungs-Organisationen wie der Arche Noah in Schiltern gelagert worden. Klimatische Veränderungen und Extrem-Wetterperioden wie Wintertrockenheit, Hitze, Starkregen, Orkanwinde und Hagel fordern mit einer Dringlichkeit robuste, regional angepasste Sorten, den Anbau einer großen Vielfalt an Kulturen und Sorten, um spontan entstehende Kulturausfälle auszugleichen, ein.

Saatgutarbeit ist ein altes, aufwändiges bäuerliches Handwerk. Die Entwicklung, Sichtung, Züchtung und Selektion, benötigt viel Zeit, Geduld, Ausdauer, enormes Wissen und ein gutes, erfahrenes Auge. Aber auch bekannte Sorten wie der Grazer Krauthäuptel benötigen nach wie vor Züchtungs-Handarbeit, um ihr typisches Sortenbild zu behalten.
Saatgutarbeit heißt: Nicht nur in Jahreszeiten sondern in Jahrzehnten zu denken. Sehr wenige bäuerliche Gemüsebetriebe nehmen sich dieses alten aufwendigen Handwerks an. 

Der Bio-Gemüsebetrieb GELAWI Jaklhof setzt sich mit dem Projekt Samenkorn in Bäuer*innenhand zum Ziel, in 10 Jahren bei jeder der etwa 65 Gemüsekulturen zumindest eine eigene, den Standortbedingungen angepasste Hofsorte zu entwickeln und daraus Saatgut zu gewinnen. Dieses Saatgut darf in Form von Gemüse und Jungpflanzen in der Region Hügel- und Schöckelland wachsen und genossen werden und in einigen Jahren wird auch direkt Saatgut erhältlich sein.

Regional entwickelte Sorten sind der Grundstein der Ernährungssouveränität der Menschen. Bäuerliches Saatgut ist lebens-not-wendig. Darum säen wir Zukunft!